Bezüge zur Akteur-Netzwerk-Theorie und der Systemtheorie von Niklas Luhmann

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Latours Akteur-Netzwerk-Theorie in Kürze

Die Elemente der Theorie: Akteure, Netzwerke, Blackboxes, Dynamik und Übersetzung

Anschluss and die Systembildung

Blackboxes und Systeme mit einer System/Umwelt-Differenzierung; Menschen und Objekte kommunizieren.

Dynamik, Stabilisierung und Patchwork

Dynamisches Verhalten von Netzwerken und Systemen.

Verbindung von Akteur-Netzwerk-Theorie und Systemtheorie im PKRN

Die Kombination von Latours Netzwerkanalyse und Luhmanns Fokus auf Kommunikation ermöglicht die Beobachtung von Kommunikation.

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Die Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) von Bruno Latour und die Systemtheorie von Niklas Luhmann operieren auf unterschiedlichen theoretischen Ebenen. Latour fokussiert empirisch auf Netzwerke, die aus materiellen und sozialen Elementen bestehen. Luhmann konzentriert sich auf operativ geschlossene Kommunikationssysteme. Trotzdem existieren Verbindungsmöglichkeiten zwischen den Ansätzen, insbesondere wenn Akteure sowohl als Netzwerke als auch als soziale Systeme betrachtet werden. Im Folgenden werden zentrale Gemeinsamkeiten, Unterschiede und potenzielle Anknüpfungspunkte dargestellt.

Latours Akteur-Netzwerk-Theorie in Kürze

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Akteure:

Latour definiert „Akteure“ als Entitäten, die in Netzwerken Wirkung entfalten. Diese Entitäten umfassen Menschen, Objekte, Artefakte, Technologien und Dokumente. Jeder Faktor, der in einem Netzwerk eine Veränderung auslöst, wird als Akteur betrachtet.

Netzwerke:

Latour ersetzt traditionelle soziologische Kategorien durch das Konzept von Akteur-Netzwerken. Das Soziale wird von Latour nicht als eigenständiger Bereich betrachtet, sondern als Ergebnis von Beziehungen und Verknüpfungen zwischen unterschiedlichen Elementen.

Blackboxes:

Latour (und Callon[1]) postulieren, dass ein Akteur ein internes Netzwerk repräsentieren kann, welches als Black Box fungiert, sobald es als einzelner Knotenpunkt in einem übergeordneten Netzwerk wahrgenommen wird. Erst die Öffnung einer Black Box offenbart, dass der Akteur ein komplexes Sub-Netzwerk aus Menschen, Geräten und Routinen darstellt.

Dynamik und Übersetzung:

Latour legt Wert auf Prozesse, in denen Akteure sich gegenseitig rekrutieren, überreden, aneinander binden und damit das Netzwerk stabilisieren. Akteure übernehmen dabei in ihrem Netzwerk eine Übersetzungsarbeit, indem sie eingehende Kommunikationen in die ihnen eigenen ausgehenden Kommunikationen umwandeln. Jedwede Stabilität ist kontingent und kann sich ändern, sobald bestimmte Verknüpfungen brüchig werden.


[1] Michael Callon, Some Elements of a Sociology of Translation

Anschluss and die Systembildung

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Eine Entität besteht nach Latour intern aus einer Zusammensetzung unterschiedlicher Elemente. Erfolgt eine erfolgreiche Punktualisierung dieser Zusammensetzung, wird die Entität extern als einzelner Akteur wahrgenommen. Luhmann konzipiert geschlossene Akteure, beispielsweise Organisationen, als autopoietische Systeme. Diese Systeme reproduzieren sich intern durch ihre eigenen Operationen.

Im PKRN besteht ein Akteur, beispielsweise eine Organisation, selbst aus einem komplexen Netzwerk von Handlungen, Personen, Dokumenten und Maschinen. Gleichzeitig fungiert er als operativ geschlossenes soziales System, basierend auf seiner Kommunikation als grundlegender Operation. Latour bezeichnet dies als Black Box, Luhmann als System mit einer System/Umwelt-Differenzierung.

Nicht nur Menschen, sondern auch Objekte

Latour betont die Gleichwertigkeit von Menschen und Objekten. Seine Netzwerkanalyse betrachtet sowohl menschliche als auch nicht-menschliche Elemente als Akteure. Luhmann differenziert hier strenger: Ausschließlich Kommunikationen reproduzieren das soziale System. Materielle Artefakte sind relevant, tragen jedoch nicht zur systeminternen Reproduktion bei.

Im PKRN können materielle Elemente wie Dokumente, Server und Maschinen Teil eines größeren Sub-Netzwerks sein, das beispielsweise eine Organisation unterstützt. Materielle Elemente kommunizieren dabei auf ihre eigene Weise. Sie finden zum Beispiel Sprecher, die die Kommunikation für sie übernehmen. Oder sie kommunizieren rein physisch, wie dies eine beispielsweise eine geschlossene Tür tun würde.

Organisationen agieren intern durch Kommunikation, die Luhmann als operationale Geschlossenheit bezeichnet. Mit der Aufnahme der Kommunikation materieller Elemente erweitert das PKRN die Menge der Kommunikationen, die zu betrachten sind. Diese Perspektive vereint Luhmanns Fokus auf Kommunikation als internen Reproduktionsmodus mit Latours Einbeziehung von Dingen als notwendige Bestandteile des Netzwerks. Es macht die Zusammenhänge aber auch noch komplizierter. Kommunikation als Element ihres Kommunikationsmediums kommuniziert im System. Die Kommunikation eines Systems wirkt sich auf seine Selbstdarstellung aus.[1]


[1] Dieser Umstand wirft die Frage auf, wie die Kommunikation des Systems in ihrer Rückbezüglichkeit gestaltet werden sollte. Ausgehend von der Netzwerkvorstellung der Wirtschaft, deren Produktionsverfahren dort als Beobachtung (Selektion und Verarbeitungsregeln eingeschlossen) aufgefasst werden, kommen wir zu Beobachtungen höherer Ordnung. Die Überlegungen weisen darauf hin, dass die Selbstbeschreibung des Systems als das Ergebnis einer Beobachtung zweiter Ordnung aufgefasst werden kann. Das Ergebnis der Beobachtung dritter Ordnung wäre dann eine Frage seiner Inszenierung. Ich gehe dieser Frage an anderer Stelle nach, weil sie große Bedeutung für das Verständnis von Controlling-Prozessen hat.

Dynamik, Stabilisierung und Patchwork

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Netzwerkstabilität resultiert nach Latour aus kontinuierlichen Übersetzungen und Einschreibungen. Das Netzwerk zerfällt, wenn Akteure ihre wechselseitigen Bezüge einstellen oder Koalitionen sich auflösen. Soziale Systeme existieren durch die Verknüpfung von Kommunikation. Ihr Fortbestand ist an die Kontinuität dieser Verknüpfung gebunden (Autopoiesis). Der Abbruch der Anschlussfähigkeit von Kommunikation führt zur Beendigung des Systems.

Netzwerkbeschreibungen sind nach dem PKRN sehr dynamisch. Auch Latours Netzwerkmodell ist prozessual gedacht. Es betrachtet Stabilität als alleiniges Ergebnis fortlaufender Reproduktion. Luhmann beschreibt Kommunikation als fortlaufenden Prozess der Systemreproduktion. Ich habe aber weiter oben beschrieben, dass der Eindruck von Stabilität vor allem aus der Darstellung der Systemtheorie folgt. Daher ergänzen sich Akteur-Netzwerk-Theorie und Systemtheorie im PKRN durch die Betonung von Kontingenz und Dynamik: Stabilität ist nicht gegeben, sondern erfordert ständige Aktualisierung.

Verbindung von Akteur-Netzwerk-Theorie und Systemtheorie im PKRN

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Latour vertritt eine Ontologie, die ausschließlich aus Akteuren und Netzwerken besteht („flache Ontologie“). Akteure umfassen sowohl menschliche als auch nicht-menschliche Entitäten. Luhmann konzentriert sich auf die systeminterne Unterscheidung von Innen und Außen.

Die Annahme des PKRN, dass Akteure selbst Netzwerke darstellen und gleichzeitig soziale Systeme sind, entspricht Latours Konzept der „Punctualisierung“, wonach jeder Akteur intern komplexe Strukturen aufweisen kann. In Anlehnung an Luhmann postuliert das Modell, dass soziale Akteure kommunikativ operieren und sich durch kommunikative Autopoiesis selbst definieren. Durch die Koppelung beider Ansätze und die Möglichkeit, dass sich Systeme wieder aus Systemen zusammensetzen können (Netzwerke aus Netzwerken bestehen), entsteht in der „flachen Ontologie“ der Akteur-Netzwerk-Theorie die praktische Möglichkeit von Hierarchien.

Empirische Erfassung der Kommunikation

Der praktische Nutzen des PKRN besteht darin, dass die Actor-Network-Theorie (ANT) die empirische Erfassung von Interaktionen zwischen Akteuren (Dinge, Menschen, Dokumente, Konzepte) erlaubt. Stabile soziale Formationen (Organisationen, Institutionen) lassen sich als autopoietische Systeme mit einer System/Umwelt-Differenz im Sinne der Luhmannschen Systemtheorie analysieren. Damit haben wir die Möglichkeit auf zwei Ebenen zu arbeiten: Erstens beschreiben wir interagierende Netzwerke aus Personen und Artefakten auf der Makroebene. Zweitens untersuchen wir auf der Systemebene, wie ein soziales System intern operativ geschlossen und extern gekoppelt ist. Dabei ist die interne Sicht wieder eine Makroperspektive, die mit den gleichen Gegenständen umgeht: Personen und Artefakte als interagierende Netzwerke.

Kombination beider Modelle in der PKRN

Latours Konzept heterogener Netzwerke und Luhmanns Konzept sozialer Operationen, definiert als Kommunikation, werden kombiniert, wobei keiner der Ansätze vollständig in dem anderen aufgeht oder Teile der Theorien ihre Erklärungskraft verlieren. So entsteht ein hybrides Modell, das beide Theorien umfasst und kombiniert. Es berücksichtigt sowohl materielle Aspekte wie Objekte, Technologie und Infrastruktur als auch die Abgrenzung und den operativen Bereich sozialer Systeme. Der Ansatz des Modells versucht die Kombination einer empirischen Offenheit und der theoretischen Stringenz bezüglich Selbstreferenz und System/Umwelt.