Unser Überblick über professionelle Dienstleistungen

Dieser Abschnitt hebt die Vielfalt der von uns angebotenen Dienstleistungen hervor und betont Qualität und Kundenzufriedenheit.

Chunking in Raum und Zeit

Chunking reduziert Komplexität von Kommunikationen in Netzwerken in einer räumlichen und einer zeitlichen Dimension: Musterbildung, Faltung von Zeit.

Arten des Chunkings

Räumliches und zeitliches Chunking sind eng miteinander verbunden.

Mathematische Darstellung

Räumliches Chunking lässt sich durch Kolimiten der Kategorientherie beschreiben, während zeitliches Chunking ARFIMA und CARMA-Modelle zur Modellierung von Langzeitabhängigkeiten und Gedächtniseffekten ähnelt.

Chunking in Raum und Zeit

Text

Die Vorstellung der Komplexitätsreduzierung durch das Prinzip des Chunkings (vielleicht könnte der Begriff noch etwas besser gewählt werden) ist für diesen Aufsatz eine zentrale Strategie. Nach unserer Vorstellung findet Chunking in einer räumlichen und einer zeitlichen Dimension statt. Als Raum, in dem dieses Prinzip angewendet wird, dürfen wir uns nicht auf den erlebbaren physischen Raum mit seinen drei Dimension einstellen. Der Raum, um den es geht, ist die Semiosphäre, in der Zeichensätze mit ihren Bedeutungen leben. Der Begriff Zeichen ist dabei wirklich abstrakt zu verstehen. Ein Zeichen kann danach eine beliebige Form annehmen und sich aus mehreren Zeichen zusammensetzen.

Transaktionen in Netzwerken

Wir sollten auch immer klar vor Augen haben, dass es sich bei allen Aktionen, um die es hier geht, um Transaktionen in Netzwerken handelt. Im Allgemeinen bezeichnen wir diese Transaktionen als Kommunikationen, weil dies der allgemeinere Begriff ist. Kommunikationen finden zwischen Akteuren statt, die verschiedene Formen haben können. Personen, Gruppen von Personen, aber auch Gegenschände wie Dokumente, Maschinen oder Verkehrsschilder können als Akteure auftreten.

Mit der Idee von Akteuren, die in Netzwerkstrukturen miteinander kommunizieren, beziehen wir uns explizit auf die Akteur-Netzwerk-Theorie von Bruno Latour. Interessant wird es, weil auch künstlich intelligente Agenten Akteure in unserem Sinne sind. Das lässt uns hoffen, dass unsere Vorstellungen einen Beitrag zur Integration solcher Akteure leistet.

Komplizierte Struktur

Die Netzwerke, die wir uns hier vorstellen, sind zusätzlich überaus kompliziert. Zum einen haben bestimmte Akteure selbst wiederum eine Netzwerkstruktur. Beispiele hierfür sind Abteilungen, die innerhalb eines Unternehmens als Akteur handeln. Oder auch Menschen, von deren kognitiver Funktion wir die Vorstellung eines neuronalen Netzwerkes haben.

Darüber hinaus findet Kommunikation und damit die Herstellung von Wissen immer auf mehreren Ebenen gleichzeitig statt. Wir haben weiter oben in diesem Aufsatz die sozialen, semiotischen und syntaktischen Strukturen der Netzwerke genannt. Diese Ebenen interagieren miteinander und sind ineinander verwoben. Die Kommunikation auf sozialer Ebene hat zum Beispiel immer Anschluss an eine parallel verlaufende semantische Kommunikation, in der Regeln und Konventionen mitkommuniziert werden. Die von uns betrachteten Kommunikationen haben außerdem eine semiotische Komponente, weil die Kommunikation aus der Übergabe von Zeichen besteht.

Die allgemeine Idee des Chunkings

Die Idee des Chunkings verstehen wir so, dass sie auf allen Ebenen der Strukturbildung in Kommunikativen Netzwerken angewendet wird. Nehmen wir ein Beispiel aus einer mitlaufenden semantischen Kommunikation. Die Anweisung an einen Mitarbeiter, beim Betreten einer Werkshalle einen Helm zu tragen, kommuniziert die Bedeutung der Arbeitssicherheit und verstärkt durch regelmäßige Anwendung ihre Akzeptanz. Diese Idee des Arbeitsschutzes wird so zu einem semantischen Chunk, einem akzeptierten methodischen Begriff.

Arten des Chunkings

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Entsprechend der Dimensionen, in denen wir das Prinzip des Chunkings finden, unterscheiden wir zwischen räumlichem und zeitlichem Chunking.

Räumliches Chunking

Für das räumliche Chunking bietet die Systemtheorie ein universelles Prinzip der Komplexitätsbewältigung. Es umfasst Selektion, Musterbildung, Stabilisierung und Rekombination.

Zunächst erfolgt die Selektion, bei der aus einer großen Menge an Informationen das Relevante ausgewählt wird. Danach werden relevante Informationen in wiedererkennbare Chunks organisiert. Dieser Prozess wird als Musterbildung bezeichnet. Anschließend entwickeln sich die Chunks zu Black-Boxen. Das ermöglicht eine effizientere Informationsverarbeitung, was Stabilisierung genannt wird. Zuletzt werden die stabilisierten Einheiten in größere Systeme integriert oder an neue Kontexte angepasst. Diese Vorgehensweise wird Rekombination genannt.

Zeitliches Chunking

Zeitliches Chunking löst ein anderes fundamentales Problem: Wie bleiben Systeme in einer sich ständig verändernden Welt stabil, ohne auf Veränderungen zu verzichten?

Ohne zeitliches Chunking wäre die Gegenwart ein ununterbrochener Fluss von Veränderungen, der keine Orientierung böte. Die gezielte Selektion und Verzögerung von Informationen erschaffen eine handhabbare Gegenwart. So bleibt das System handlungsfähig. Systeme entscheiden selbst über ihre Aktualisierung. Dies ermöglicht eine Balance zwischen Stabilität und Anpassung.

Verbindung zwischen räumlichem und zeitlichem Chunking

Diese beiden Prinzipien lassen sich zumindest einzeln mathematisch gut abbilden. Wir möchten aber darauf hinweisen, dass sie miteinander verbunden sind. Man erkennt das schon an unserer Beschreibung: Wir stellen das räumliche Chunking als einen Vorgang dar, der in einer zeitlichen Abfolge stattfindet. Es ist zu erwarten, dass die Methoden des zeitlichen Chunkings hier zur Anwendung kommen. Andererseits kommt auch das zeitliche Chunking nicht ohne seine räumliche Entsprechung aus. Ohne die Bildung von Chunks werden keine Muster erkannt. Dementsprechend kann dann auch keine Auswahl von Signalen stattfinden, die in die zeitliche Verarbeitung aufgenommen werden.

Mathematische Darstellung

Text

Ich kann hier nur die Idee einer mathematischen Formulierung der Vorgänge beschreiben, weil ich die Zusammenhänge noch nicht ausarbeiten konnten. Vielleicht liefert dieser Abschnitt aber Anreize, die Formulierung weiter auszubauen. Ich stelle im Folgenden Ideen zusammen, wie die mathematische Modellierung der Komplexitätsreduktion in Netzwerken aussehen könnte.

Räumliches / strukturelles Chunking in der Kategorientheorie

Mit der Beschreibung des räumlichen Chunkings beziehe ich mich auf das Buch „Memory Evolutive Systems: Hierarchy, Emergence, Cognition“ von A.C. Ehresmann und J.-P. Vanbremeersch. Das Buch (kurz MES) stellt ein mathematisches Modell zur Beschreibung komplexer, sich entwickelnder Systeme vor, das insbesondere auf Kategorientheorie basiert.

Das Modell der MES beschreibt komplexe Systeme, die sich über die Zeit entwickeln und eine Hierarchie von Organisationsebenen aufweisen. Diese Ebenen entstehen durch emergente Prozesse, bei denen neue Strukturen oder Funktionen aus der Interaktion einfacherer Komponenten hervorgehen. MES verwendet Konzepte der Kategorientheorie, insbesondere Kolimiten, um Beziehungen zwischen Elementen in verschiedenen Hierarchieebenen zu modellieren. Dies erlaubt eine präzise Darstellung von Modularität, Emergenz und Gedächtnis in komplexen Systemen.

Begriffsbestimmung

Eine Kategorie besteht aus:

  1. Einer Menge von Objekten (z. B. Mengen, Gruppen, Räume, Prozesse).
  2. Einer Menge von Morphismen (Pfeilen) zwischen diesen Objekten, die Struktur erhalten (z. B. Funktionen, Abbildungen, Transformationen).
  3. Einer Komposition der Morphismen, die assoziativ ist.
  4. Einem Identitätsmorphismus für jedes Objekt (ein neutrales Element).

Kategorien erlauben es, verschiedene mathematische Strukturen auf abstrakte Weise zu vergleichen. Sie werden oft verwendet, um Emergenz, Hierarchie und Modularität in komplexen Systemen zu beschreiben.

Ein Kolimit ist eine Struktur (oder ein „Pattern“), die anstelle ihrer Teile auftritt. Es ist also ein Objekt, das die Teile und ihre Beziehungen aufnimmt und nach außen als eine Einheit vertritt. Ich habe Kolimiten weiter oben ausführliche beschrieben[1].

Kolimiten sind in der Netzwerkanalyse nützlich, weil sie erklären, wie lokale Strukturen zu einem größeren System kombiniert werden. Im Sinne der Kategorientheorie können wir Netze als Graphen betrachten. Sie bilden eine Kategorie „Graph“, in der die Objekte Graphen sind. Die Morphismen, die zur Beschreibung von Kategorien notwendig sind, sind in unserem Fall strukturerhaltende Abbildungen zwischen Graphen (Graphenhomomorphismen). 

Eine Nachbarschaft in einem Netzwerk besteht aus einem Knoten und allen direkt mit ihm verbundenen Knoten. Verbinden sich zwei Nachbarschaften über einige gemeinsame Knoten, lassen sie sich durch einen Kolimiten (Pushout) zu einer größeren Nachbarschaft zusammenfassen. Die Zusammenfassung von Nachbarschaften in Netzwerken entspricht in der Wirtschaft zum Beispiel der Zusammenfassung von Abteilungen und ihren Funktionen in einem Unternehmen. Abteilungen sind in diesem Kontext Nachbarschaften, die wir zu einer größeren Nachbarschaft, dem Unternehmen zusammenfassen. Die Netzwerke, die wir in der Wirtschaft betrachten, bestehen aus den wirtschaftenden Akteuren (nicht nur Personen!) als Knoten und ihren Kommunikationen als Kanten.


[1] Siehe Kolimiten

Selbstorganisation in Netzen

Die Dynamik der Selbstorganisation in Netzwerken lässt sich hervorragend mit Kolimiten (insbesondere Pushouts und Pullbacks) beschreiben. Der Pushout (deutsch: Kofaserprodukt) verbindet zwei Objekte, die eine gemeinsame Substruktur aufweisen. Er repräsentiert das kleinste Objekt, das beide Objekte umfasst. Ein Pullback (deutsch: Faserprodukt) beschreibt die Schnittmenge oder gemeinsame Struktur von zwei Nachbarschaften in einem Netzwerk. Auf struktureller Ebene fragt also ein Pullback nach der Schnittmenge (was ist gemeinsam?), während der Pushout nach der Vereinigung fragt (wie kann man verbinden?).

Ich gehe darauf ein, wie sich die Vorgänge der Selbstorganisatin mathematisch einfangen lassen. Bei der Selbstorganisation von Netzwerken haben wir es mit Entwicklungen zu tun, bei denen sich:

  • stark verbundene Nachbarschaften (Cluster) bilden,
  • schwach verbundene Cluster interagieren,
  • die Netzwerkstruktur sich über die Zeit verändert, indem Knoten sich neuen Nachbarschaften anschließen oder Cluster verschmelzen.

Die Netzwerktopologie ist in unserem Bild also dynamisch und verändert sich durch Anpassung der Verbindungen. Kolimiten sind ein Werkzeug, um solche Prozesse zu beschreiben. Schauen wir uns an, wie die Phasen der Selbstorganisation durch Kolimiten modelliert werden können.

Entstehung lokaler Cluster durch Pullbacks:

Anfangs existiert eine zufällige oder initiale Struktur. Dann bilden sich lokale Cluster mit starken Bindungen. Pullbacks beschreiben diesen Vorgang. Zwei Knoten gehören zur selben Nachbarschaft, wenn sie eine gemeinsame Verbindung aufweisen.

Pushout zur Vereinigung von Nachbarschaften:

Verstärken sich zwei Cluster zunehmend gegenseitig, etwa durch häufigere Interaktionen oder stärkere Verbindungen, lässt sich dies mit einem Pushout modellieren. Zwei Cluster \(A\) und \(B\) haben gemeinsame Knoten oder Teilgraphen \(C\). Das Pushout konstruiert eine neue Struktur \(P\), in der \(A\) und \(B\) zu einer größeren Einheit verschmelzen. Dieser Schritt entspricht einer Emergenz einer Meta-Struktur, weil die Bindungen innerhalb von \(A \cup B\) stärker sind als nach außen. Dies entspricht der Bildung von größeren Gemeinschaften oder kooperierenden Strukturen, die sich aus der Interaktion kleinerer Gruppen ergeben.

Dynamische Anpassung durch Pushout-Sequenzen: 

Da sich das Netzwerk kontinuierlich verändert, können Pushouts rekursiv und iterativ auftreten beziehungsweise angewendet werden. Neue Knoten werden aufgenommen, wenn sie eine Mindestanzahl an starken Verbindungen zu einer Nachbarschaft haben. Bestehende Cluster können sich durch Pushouts weiter verbinden, wenn die internen Bindungen wachsen. Schwache Verbindungen können zerfallen, wodurch Cluster wieder in kleinere Strukturen zerfallen (dies könnte als dualer Pullback-Prozess interpretiert werden). Ein iterativer Pushout-Prozess beschreibt, wie sich die Netzwerkstruktur durch sich verstärkende Bindungen zu einer hierarchischen, modularen Organisation entwickelt.

Die Selbstorganisation in Netzwerken lässt sich durch eine dynamische Pushout-Sequenz beschreiben. Zunächst bilden sich Cluster durch starke interne Bindungen. Anschließend wachsen sie durch Pushouts zu größeren Strukturen zusammen. Diese Herangehensweise bietet einen strukturellen Blick auf die Evolution von Netzwerken, indem lokale Interaktionen zu emergenten globalen Strukturen führen.

Zeitliches Chunking durch Zeitreihenmodelle

Das zeitliche Chunking ähnelt dem strukturellen Chunking. Allerdings konzentriert es sich auf die Verarbeitung von Zeit und Veränderungen. Es stützt sich ebenfalls auf Mechanismen wie Selektion, Stabilisierung und Selbstreferenz. Im Fall einer Irritation des Systems werden zusätzliche Wahrnehmungen rekombiniert und der Prozess adaptiert.

Die Gegenwart ist aus dieser Sicht des Chunkings eine funktionale Konstruktion, die sich durch zeitliche Segmentierung stabilisiert. Sie ist keine statische Entität, sondern eine dynamische, selbstreferenzielle Struktur, die kontinuierlich zwischen Stabilität und Anpassung wechselt.

Es gibt verschiedene Zeitreihenmodelle, die eine Speicherfunktion integrieren. Dies gilt besonders für Modelle mit kontinuierlichem, unbegrenztem Speicher. Ein paar wenige ausgesuchte Beispiele für solche Modelle sind:

  • ARFIMA-Modelle (Autoregressive Fractionally Integrated Moving Average) sind Erweiterungen der ARIMA-Modelle. Sie beinhalten einen fraktionalen Differenzierungsparameter. Dieser Parameter ermöglicht die Modellierung von Langzeitabhängigkeiten. Zugleich wird die Erfassung kurzfristiger Dynamiken gewährleistet.
  • CARMA-Modelle (Continuous-Time Autoregressive Moving Average) sind Erweiterungen von ARMA-Modellen für kontinuierliche Zeitreihen. Sie ermöglichen die Modellierung von Prozessen mit Gedächtniseffekten im kontinuierlichen Zeitbereich.

Faltung und Viskosität

Diese Modelle transformieren Wahrnehmung, indem sie die Zeit Falten. In der (technischen) Systemtheorie (z.B. für lineare zeitinvariante Systeme, Schwingungslehre) liefert die Faltung von Eingangssignal und Impulsantwort das Ausgangssignal. Das ist hier ähnlich. Wir betrachten die Faltung hier als eine mathematische Operation, die zwei Funktionen in Abhängigkeit der Zeit durch Integration ihrer Produkte verknüpft. Dabei wird eine Funktion zeitlich gespiegelt und verschoben. Diese Operation wird in Technik, Physik und Mathematik vielfach genutzt. Ich konzentriere mich hier als Beispiel auf das CARMA-Modell:

CARMA-Modelle sind stochastische Differentialgleichungen (SDEs) mit der spezifischen Form:

\(a_n D_n X_t + a_{n-1} D_{n-1} X_t + … + a_0 X_t = b_m D^m W_t + … + b_0 W_t\)

Wobei

  • \(X_t\) ein Zeitreihenprozess ist
  • \(W_t\) ein „driving noise process“ ist, der als zufälliger Input und Störung dient
  • \(D^k\) bezeichnet die Differenzierung: \(D^k X_t = \frac{d^k X_t}{dt^k}\)
  • \(a_i\) und \(b_j\) sind Koeffizienten.

Diese Modelle lassen sich mithilfe von Green-Funktionen (oder Impulsantwortfunktionen) transformieren. Die Lösung ergibt sich dann als Faltungsintegral über vergangene Werte. Dieser Faltungsansatz bewirkt, dass frühere Zustände die aktuellen Werte beeinflussen. Die Art des Einflusses hängt von der Form der Erinnerung ab, beziehungsweise von den Gewichten, die früheren Ereignissen zugewiesen werden. Eine ähnliche Abhängigkeit findet sich in Integralformulierungen von Viskositätsgleichungen in der Strömungsmechanik.

Die Lösungen von Viskositätsgleichungen finden Anwendung in Hamilton-Jacobi-Gleichungen, die Diffusionsprozesse modellieren. Die Anwendungsgebiete umfassen Strömungsmechanik und nichtlineare Kontrolltheorie. Eine Viskositätsgleichung für einen Prozess u(x,t) ist gegeben durch:

\(\frac{\partial u}{\partial t} + H(x, \nabla u) = \epsilon \Delta u\)

Wobei angenommen sei

  • \(H(x, \nabla u)\) ist eine Hamilton-Funktion, die die Dynamik steuert
  • \(\epsilon \Delta u\) steht für Viskositätseffekte, die die Diffusion und Regulatisierung steuern.

Viskositätslösungen stellen die zeitliche Entwicklung eines Prozesses bei Störungen dar, wenn der Prozess in einem verlangsamenden Medium abläuft. Diesbezüglich besteht eine Verbindung zu CARMA-Modellen, da Green’sche Funktionen die Reaktion auf Störungen im Zeitverlauf abbilden. Die Green’sche Funktion des CARMA-Prozesses überträgt Informationen aus der Vergangenheit, ähnlich wie Viskositätsgleichungen Informationen in PDEs (partiellen Differenzialgleichungen) verbreiten. Eine Green’sche Funktion mit abnehmenden Gewichten auf vergangenen Beobachtungen kann Langzeiteffekte modellieren, so wie Viskositätsgleichungen die diffusive Ausbreitung modellieren. CARMA-Modelle verwenden so eine Faltungsstruktur, die eine zeitliche Verteilung vergangener Informationen bewirkt. Dies ähnelt der Glättung von Übergängen in der Lösung partieller Differentialgleichungen durch Viskosität.

Strukturbrüche

Interessant wird das Verhalten dieser Lernprozesse, wenn ein System sich durch den Abgleich seiner Beobachtungen mit seinem Selbstbild selbst irritiert. Bei einem solchen Strukturbruch, der eine Veränderung des Systemverhaltens und eine Neubewertung von Gedächtniseffekten bewirkt, treten die folgenden Phänomene auf.

Eine Veränderung des Systems (z. B. Modifikation der Koeffizienten aᵢ, bᵢ zu einem Zeitpunkt t𝒸) bewirkt eine Veränderung der Impulsantwortfunktion. Dies hat eine Auswirkung auf die Gewichtung zurückliegender Einflüsse. Zeitabhängige Koeffizienten oder Zustandsraumdarstellungen ermöglichen eine Modellierung. Regime-Switching-Modelle oder stochastische Volatilitätsmodelle können abrupte Veränderungen erklären.

Beispiel: Thomas S. Kuhn: Struktur wissenschaftlicher Revolutionen

Am Beispiel der Struktur wissenschaftlicher Revolutionen kann man ein entsprechendes Modell ausprobieren.

Wir definieren das wissenschaftliche Paradigma als die Zustandsvariable x(t), wobei gilt:

  • \(x = 0\) entspricht dem derzeit vorherrschenden Paradigma.
  • \(x = 1\) entspricht dem neu entstehenden Paradigma.
  • \(w(t)\) steht für die Gewichtung des Gedächtnisses, die steuert, wie Informationen aus der Vergangenheit in aktuelle Überzeugungen integriert werden.
  • \(E(x, t)\) ist die Fehlerfunktion, die die Diskrepanz zwischen dem aktuellen Paradigma und den neuen Daten darstellt.

Die Entwicklung des wissenschaftlichen Konsenses lässt sich durch folgendes dynamisches System beschreiben:

\(\frac{dx}{dt} = -\beta x + w(t>)E(x, t)\)

  • \(\beta > 0\) ist ein Stabilitätsparameter, der das bestehende Paradigma aufrechterhält.
  • \(w(t)E(x, t)\) steht für den Druck von Anomalien, ein neues Paradigma einzuführen.

Anfangs beträgt der Wert von \(x = 0\), was auf die Stabilität des bestehenden Paradigmas bedeutet. Eine Zunahme von Anomalien bewirkt eine Verschiebung von \(x\) in Richtung eins, was die Akzeptanz eines neuen Paradigmas indiziert.

Das Speichergewicht \(w(t)\) wird auf Grundlage der Leistungsfähigkeit des aktuellen Paradigmas bei der Erklärung neuer Daten angepasst. Bei einer Zunahme von Anomalien verschiebt sich \(w(t)\), um die Bedeutung neuer Daten zu erhöhen.

\(\frac{dw}{dt} = \alpha E(x, t) – \gamma w\)

Wobei

  • \(\alpha > 0\) ist eine Lernrate, die bestimmt, wie schnell sich das Gedächtnis anpasst.
  • \(\gamma > 0\) sorgt dafür, dass alte Erinnerungen mit der Zeit vergehen.
  • \(E(x, t)\) ist eine Fehlerfunktion wie:

    \(E(x, t) = e^{- \lambda t}(1 – x)^2\)

Dabei steuert \(\lambda > 0\), wie schnell sich Anomalien ansammeln.

  • Wenn das derzeitige Paradigma richtig ist \(x \approx 0 \), bleiben Fehler gering, und der Speicher stabilisiert sich.
  • Wenn Anomalien wachsen, nimmt \(w(t)\) zu und führt zu einem Wechsel zum neuen Paradigma.

Dieses System weist eine Bifurkation auf, was bedeutet, dass kleine Änderungen in \(E(x, t)\) and \(w(t)\) zu einem plötzlichen Sprung von \(x = 0\) nach \(x = 1\) führen können. Der Übergang erfolgt, wenn:

\(\frac{dx}{dt} = 0 => x^* = \frac{w^* E(x, t)}{\beta}\)

Wenn \(w(t)\) die kritische Schwelle \(w_c\) überschreitet​, dann wechselt das System schnell zum neuen Paradigma.

Wir können das Modell folgendermaßen interpretieren:

  • Anfänglich bleibt \(x(t)\) im Gültigkeitsbereich des aktuellen Paradigmas.
  • Die Anomalien sich häufen, dann ist \(w(t)\) erhöht.
  • Wenn \(w(t)\) einen definierten Grenzwert übersteigt, tritt eine abrupte Zustandsänderung (Bifurkation) im System auf, die zu einem neuen Zustand \(x = 1\) führt.

Die Verbindung zu Thomas S. Kuhn’s Theorie sieht so aus: In der Normalwissenschaft führen geringfügige Veränderungen von \(x\) zu einer Dämpfung durch \(\beta\). Die Akkumulation von Anomalien bewirkt ein Wachstum von \(E(x, t)\) und eine Verschiebung von \(w(t)\). In einer Krise destabilisiert ein ausreichend großes \(w(t)\) die Variable \(x\). Ein Paradigmenwechsel resultiert in einer Bifurkation, durch die \(x\) einen neuen stabilen Zustand erreicht.

Ein solches Modell stellt einen mathematischen Rahmen für Kuhns Paradigmenwechsel dar. Es erfasst die graduelle Zunahme von Anomalien, die Anpassung des Gedächtnisses und abrupte Veränderungen in Glaubenssystemen.

Vergleich von räumlichem / strukturellem und zeitlichem Chunking

Obwohl das strukturelle und das zeitliche Chunking auf denselben Mechanismen beruhen, gibt es einige wichtige Unterschiede:

AspektStrukturelles ChunkingZeitliches Chunking
Was wird gechunkt?Daten, Begriffe, Muster, OrganisationsstrukturenZeit, Ereignisse, Veränderung
ZielKomplexität durch räumliche Strukturierung reduzierenDen Zeitfluss handhabbar machen und Veränderung kontrollieren
Black-Box-PrinzipKonzepte oder Module werden so stabilisiert, dass ihre interne Struktur nicht mehr sichtbar istZeitliche Kontinuität wird hergestellt, indem Veränderungen nicht isoliert betrachtet werden
WirkmechanismusSelektive Wahrnehmung und KategorisierungSelektive Integration von Zeitverläufen in eine fortlaufende Geschichte
Typische BeispieleModularisierung in der IT, Sprache, WirtschaftWahrnehmung der Gegenwart, strategische Planung, Erzählstrukturen von Systemen
Autopoietische DynamikSelbstreferenzielle BegriffsbildungSelbstreferenzielle Zeitwahrnehmung

Systeme segmentieren Raum (Strukturen, Begriffe, Produkte) und Zeit (Gegenwart, Planung, Veränderung). Ohne strukturelle Segmentierung wäre die Welt zu komplex. Ohne zeitliche Segmentierung wäre die Welt zu schnell.

Autopoietische Systeme generieren eine stabile und adaptive Gegenwart durch Selbstreferenz.